Anzeige

Leserfrage: Welche Zeitform ist „anzubauen seien“?

Anzeige
E-Book-Paket Deutsche Grammatik 2.0 jetzt um Sonderpreis!

Wie ihr an der folgenden Email mit einer Leserfrage sehen könnt, wird meine Deutsche Grammatik 2.0 nicht nur von ausländischen Deutschlernern sondern auch von manchen Muttersprachlern gerne gelesen.

Was ihr an der Mail auch sehen könnt: Nicht nur Ausländer haben Fragen zur deutschen Grammatik, sondern auch Deutsche verstehen nicht immer, mit welchen Grammatikformen sie es zu tun haben und wie die Formen zusammenhängen.

Hier geht es um das Thema Passiversatzformen und Passiv mit Modalverb, das im fortgeschrittenen Deutschunterricht für Ausländer häufig vorkommt:

Die Leserfrage

>Hallo Herr Mattmüller…
>
>…ich habe heute Ihre Seite entdeckt.
>Ich bin zwar Deutsch-Muttersprachler, beschäftige mich aber gerne mit
>der deutschen Grammatik und Rechtschreibung (auch berufsbedingt). Ihr
>Seite ist da wirklich hilfreich, logisch gegliedert und leicht verständlich.
>
>Jetzt ist mir heute ein Problem untergekommen.
>Vielleicht wissen Sie ja Rat und möchten mir helfen.
>
>>So lautet der ursprüngliche Satz des Verfassers:
>Die Vergabe der Parzellen war an die Bedingung geknüpft, dass dort
>lebensnotwendiges Obst und Gemüse sowie Kartoffeln angebaut werden.
>
>Ich würde ihn gern dahingehend ändern:
>Die Vergabe der Parzellen war an die Bedingung geknüpft, dass dort
>lebensnotwendiges Obst und Gemüse sowie Kartoffeln anzubauen seien.
>
>>Welches von beiden ist korrekt?
>Um welche Zeitform handelt es sich hier eigentlich?
>Konjunktiv II in der Vergangenheit? [..].
>
>X. Y.

Meine Antwort:

Hallo Herr/Frau Y.,

Anzeige

vielen Dank für die positive Rückmeldung zu meiner Grammatikseite. Es freut mich, wenn die Seiten sogar Muttersprachlern hilfreich sein können. Zu Ihrer Frage: Zunächst mal kann man sagen, dass beide Formen grammatisch richtig sind. Wenn man in dem ersten Satz, der im Präsens Passiv steht, das Modalverb müssen ergänzt, wird die Verbindung der beiden Varianten deutlich:

(00) (Original:) Die Vergabe der Parzellen war an die Bedingung geknüpft, dass dort lebensnotwendiges Obst und Gemüse sowie Kartoffeln angebaut werden.

(01) Die Vergabe der Parzellen war an die Bedingung geknüpft, dass dort lebensnotwendiges Obst und Gemüse sowie Kartoffeln angebaut werden müssen.

(Dadurch würde man die verpflichtende Bedingung grammatisch noch mal betonen)

Ein Passiv mit Modalverb kann man durch eine Konstruktion mit sein + zu + Infinitiv umschreiben: (Das klingt dann „amtlicher“)

(02) Die Vergabe der Parzellen war an die Bedingung geknüpft, dass dort lebensnotwendiges Obst und Gemüse sowie Kartoffeln anzubauen sind.

Und aus „sind“ kann man jetzt noch „seien“ machen, da es sich um die Wiedergabe einer fremden Aussage (indirekte Rede) handelt. Die Form „seien“ ist Konjunktiv I Präsens:

Anzeige

(03) Die Vergabe der Parzellen war an die Bedingung geknüpft, dass dort lebensnotwendiges Obst und Gemüse sowie Kartoffeln anzubauen seien.

So hat man (mit dem Originalsatz) insgesamt vier verschiedene, grammatisch richtige Ausdrucksmöglichkeiten.

Viele Grüße

U.Mattmüller

Welche Fragen meiner Leser ich schon beantwortet habe, könnt ihr hier erfahren:

Leserfragen – Deutsche Grammatik 2.0

Anzeige