Leserfrage: Ist der Konjunktiv mit „würde“ = Futur I/II oder Gegenwart/Vergangenheit?

Vor mittlerweile auch schon einigen Jahren habe ich auf meinen Seiten die Kommentarfunktion deaktiviert, weil ich den Aufwand, der sich in Bezug auf die Speicherung von Namen und Email-Adressen der Kommentierenden aus der europäischen Datenschutzverordnung ergibt, nicht auch noch leisten kann.

Deshalb kann man leider meine Beiträge nicht mehr direkt kommentieren oder Fragen dazu stellen. Allerdings finden pfiffige Leserinnen und Leser zum Glück trotzdem Wege mich zu kontaktieren. ;)

Ich habe damals auch einige Leserfragen, die ich – meist aus Zeitgründen – nicht sofort beantworten konnte, abgespeichert, um sie später zu beantworten, was leider manchmal länger dauern kann und ja auch nicht immer ganz einfach ist.

Auf eine dieser Fragen bin ich neulich eher per Zufall wieder gestoßen. Es geht darin um den Konjunktiv II mit werden („würde„).

Die Frage lautete: Sind die Konjunktiv-II-Formen mit würde Futur I/II oder Gegenwart/Vergangenheit?

Die ganz schnelle Antwort ist: Beides.

Aber langsam. ;) Schauen wir zuerst einmal die Gegenwarts- und Futur-Formen des Indikativs an.

Beispiele: Indikativ
Gegenwart: ich mache, ich gehe
Futur I: ich werde machen, ich werde gehen
Futur II: ich werde gemacht haben, ich werde gegangen sein

Und der Konjunktiv II? Der Konjunktiv II Gegenwart wird aus dem Präteritumstamm gebildet und ist bei regelmäßigen Verben (Beispiel: machen) identisch mit dem Indikativ Präteritum. (siehe dazu auch: Konjunktiv II Gegenwart aus dem Präteritumstamm)

Beispiele: Konjunktiv II
Gegenwart: ich machte, ich ginge

Und wie kann man zu den Futurformen den Konjunktiv II bilden? Ihr erinnert euch doch sicher noch. Richtig ;) – indem man das Hilfsverb (werden) in den Konjunktiv II setzt.

Dann bekommt man folgende Formen:

Beispiele: Konjunktiv II
Futur I: ich würde machen, ich würde gehen
Futur II: ich würde gemacht haben, ich würde gegangen sein

Also sind die Formen mit würde Futur? Das kommt darauf an, wie man die Sache betrachtet. Formal (nach der Form) sind diese Formen Futur, aber funktional (nach der Funktion) beziehen sie sich auf die Gegenwart.

Ein Beispiel. Ihr habt bestimmt gelernt, dass man mit dem Konjunktiv II Wünsche ausdrücken kann.

Beispiel: Wunschsatz mit Konjunktiv II
Ich würde gerne ein Eis essen.

Ist dieser Satz Gegenwart oder Zukunft (Futur I)? Die Realisierung dieses Wunsches (Eis essen) liegt zwar in einer unbestimmten Zukunft – vielleicht werde ich ja gar kein Eis essen – aber der Wunsch ist ein Wunsch den ich jetzt, in der Gegenwart habe.

Aus diesem Grund wird die Konjunktiv II Form mit würde im Unterricht Deutsch als Fremdsprache (funktional!) als zweite Form des Konjunktivs II Gegenwart behandelt.

Und was ist mit der Form des Futurs II? Das schauen wir uns im zweiten Teil dieses Beitrags an:

Leserfrage: Ist der Konjunktiv mit „würde“ = Futur I/II oder Gegenwart/Vergangenheit? – Teil 2

Zu den Kapiteln Konjunktiv Aktiv und Konjunktiv Passiv:
Verbformen (III) – Der Konjunktiv Aktiv
Verbformen (IV) – Das Passiv

Neue Rechtschreibregeln des Rechtschreibrats für Anglizismen – Teil 2

Wie im ersten Teil dieses Beitrags gesagt, wurde im neuen amtlichen Regelwerk des Rechtschreibrats zur deutschen Rechtschreibung nun auch die Form des Partizip Perfekts (Partizip II) von Anglizismen, also Wörtern, die aus dem Englischen entlehnt wurden, geregelt.

Das Partizip II von Anglizismen

Grundsätzlich werden Anglizismen grammatisch erst mal wie deutsche Wörter behandelt. Da solche Lehnwörter immer regelmäßig konjugiert werden, endet das Partizip Perfekt demnach mit -t.

Beispiele: Partizip II von Anglizismen – Endung -t
Infinitiv – Partizip II
mailen – gemailt
jobben – gejobbt
surfen – gesurft

Ausnahmen

Allerdings hat der Rechtschreibrat zwei Gruppen von Verben als Ausnahmen definiert, bei denen auch die englische Schreibweise mit -ed zulässig ist.

Zur ersten Gruppe gehören die Verben, die im englischen Infinitiv auf ein stummes -e enden.

Beispiele: Partizip II von Anglizismen – Endung -t oder -ed
(Englisch) – Infinitiv – Partizip II
(to like) – liken – gelikt/geliked
(to fake) – faken – gefakt/gefaked
(to time) – timen – getimt/getimed

In der zweiten Gruppe finden sich Verben, die laut Rechtschreibrat überwiegend unflektiert, also ohne weitere Endungen, sprich als Adverb, gebraucht werden.

Beispiele: Partizip II von Anglizismen – Endung -t oder -ed
Infinitiv – Partizip II
(Englisch) – Infinitiv – Partizip II
(to relax) – relaxen- relaxt/relaxed
(to overdress) – overdressen – overdresst/overdressed

Doch Achtung: Keine einfache Regel ohne Ausnahme. Wenn bei diesen Partizipien noch einer oder mehrere Buchstaben am Ende dazukommen, das Partizip also dekliniert wird, ist im Deutschen die Variante mit -ed nicht mehr zulässig. Korrekt ist nur (noch) die Schreibweise mit -t.

Beispiel: dekliniertes Partizip II
gelikt: der gelikte Beitrag, ein gelikter Beitrag, gelikte Beiträge
relaxt: ein relaxtes Wochenende, ein relaxter Typ

Der Plural von Substantiven aus dem Englischen, die auf -y enden

Darüber hinaus wurde vom Rechtschreibrat auch die Schreibung des Plurals von Substantiven aus dem Englischen, die auf -y enden, festgelegt. Diese bekommen im Englischen normalerweise die Pluralendung -ies. Im Deutschen ist der korrekte Plural aber ausschließlich -s. (Was m. E. im Wesentlichen der auch bisher schon allgemein verbreiteten Schreibweise entspricht.)

Beispiele: Substantive aus dem Englischen, die auf -y enden
Englisch – Englisch Plural – Deutsch – Deutsch Plural
the party – the parties – die Party – die Partys
the baby – the babies – das Baby – die Babys

Zurück zu Teil 1: Neues amtliches Regelwerk des Rechtschreibrats zur deutschen Rechtschreibung 2024

Neues amtliches Regelwerk des Rechtschreibrats zur deutschen Rechtschreibung 2024

Der Rat für deutsche Rechtschreibung, kurz auch als Rechtschreibrat bezeichnet, hat zum 1. Juli 2024 sein amtliches Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung aktualisiert.

Der Rechtschreibrat

Der Rat für deutsche Rechtschreibung ist die maßgebende Instanz in Fragen der deutschen Rechtschreibung und legt mit dem amtlichen Regelwerk verbindliche Regeln für die deutsche Rechtschreibung fest.

Dem Rechtschreibrat gehören sowohl Rechtschreibexpert(innen) aus den deutschsprachigen Ländern Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein an, als auch Vertreter(innen) der deutschsprachigen Gemeinschaften in Südtirol und Belgien. Luxemburg nimmt beratend teil.

Der Rechtschreibrat ist dafür zuständig die Einheitlichkeit der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum zu bewahren und die Rechtschreibung an aktuelle Entwicklungen anzupassen und weiterzuentwickeln.

Die neue amtliche deutsche Rechtschreibung besteht aus einer Überarbeitung der Rechtschreibregeln und der Neufassung eines Wörterverzeichnisses für sprachliche Zweifelsfälle und ist für Schulen und Verwaltungen verbindlich.

In der aktuellen Fassung des amtlichen Regelwerks beschäftigt sich der Rechtschreibrat besonders mit der aktuellen deutschen Sprache, wie sie z. B. durch die sozialen Medien beeinflusst wird.

Neu im Wörterverzeichnis

Das Wörterverzeichnis wurde deshalb z. B. um zahlreiche sogenannte Anglizismen erweitert, also Wörter wie „liken“, „mailen“ oder „jobben“, die aus der englischen Sprache entlehnt wurden, aber inzwischen von vielen Deutschsprachigen quasi als deutsche Wörter angesehen werden.

Aus dem Wörterverzeichnis entfernt wurden dagegen Schreibweisen einzelner Wörter, die als angebliche Vereinfachungen der deutschen Rechtschreibung in früheren Versionen des amtlichen Regelwerks als Schreibvarianten eingeführt worden waren, sich im Gebrauch der Rechtschreibung z. B. in den Medien aber nicht durchsetzen konnten. Berühmte und seinerzeit viel diskutierte Beispiele sind z. B. Tunfisch* (statt jetzt wieder Thunfisch), Jogurt* (satt jetzt wieder Joghurt) oder Spagetti* (statt jetzt wieder Spaghetti).

(*Beachte: Diese Schreibweisen sind nicht mehr zulässig.)

Neu im Kapitel Zeichensetzung

Das Kapitel Zeichensetzung wurde nach Angaben des Rechtschreibrats „vollständig neu systematisiert, vereinfacht und gestrafft“. Was das genau bedeutet, konnte ich aus Zeitgründen leider noch nicht genauer ergründen.

In der Pressemitteilung des Rechtschreibrats ist zumindest die Änderung erwähnt, dass bei den sogenannten Infinitivgruppen (Infinitiv mit zu) wieder verbindlich ein Komma gesetzt werden muss. In der Vorgängerversion des amtlichen Regelwerks war das Komma hier noch fakultativ.

Zudem wird auch auf das – äußerst umstrittene – Thema Sonderzeichen im Wortinneren eingegangen, „die im Sinne geschlechtergerechter Schreibung alle Geschlechtsidentitäten kennzeichnen sollen (z. B. Doppelpunkt (:), Unterstrich (_), Asterisk (*))“. Dazu stellt der Rechtschreibrat fest: „Diese Wortbinnenzeichen gehören nicht zum Kernbestand der deutschen Orthografie.“

Und weiter: „Sonderzeichen innerhalb von Wörtern beeinträchtigen die Verständlichkeit, die Lesbarkeit, die Vorlesbarkeit und die automatische Übersetzbarkeit sowie die Eindeutigkeit und Rechtssicherheit von Begriffen und Texten. Diese Sonderzeichen als Bedeutungssignale innerhalb von Wörtern können nicht in das Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung aufgenommen werden, weil sie derzeit nicht wissenschaftlich eindeutig zu begründen sind. Andererseits kann der Rat nicht darüber hinwegsehen, dass Wortbinnenzeichen zur Kennzeichnung aller Geschlechter benutzt werden.“

Neu in der Grammatik/Orthografie

Bei den neu in das Regelwerk aufgenommenen Anglizismen wurde auch die Schreibung des Partizips Perfekt (Partizip II) geregelt. Und für englische Substantive, die auf -y enden, wurde die korrekte Form des Plurals festgelegt.

Damit dieser Artikel nicht zu lang wird, könnt ihr im zweiten Teil weiterlesen, was genau der Rechtschreibrat hierzu entschieden hat:

Das komplette Regelwerk des Rechtschreibrats kann hier heruntergeladen werden: Amtliches Regelwerk der deutschen Rechtschreibung (Version von 2024)

Und die Pressemitteilung des Rechtschreibrats zur Neufassung der amtlichen Rechtschreibregeln hier: Amtliche deutsche Rechtschreibung: überarbeitetes Regelwerk und Neufassung