Interessante Leserfragen aus der Kommentarfunktion meiner Seiten werden hier im Blog noch mal für alle Leser veröffentlicht. Heute hat Abdullah nach dem Unterschied zwischen festen (gebundenen) und freien (ungebundenen) Präpositionen gefragt.
Frage
[Abdullah November 14, 2011 um 15:34]
„Zuerst moechte ich Ihnen fuer ihre Webseite danken. Ich greife oft auf diese Seite zurueck, wenn ich eine bestimmte Sache in der Deutschen Grammatik nicht verstehe. Ihre Erklaerungen sind sehr verstaendlich und mit vielen hilfreichen Beispielsaetzen geschmueckt… gratuliere.
Eine Frage beschaeftig mich aber seit langer Zeit und ich habe bis anhin keine Antwort darauf gefunden.
Wie erkenne ich ob eine Praeposition fest zu einem Verb oder einem Adijektiv gehoert (daraus ergibt sich ja meist ein fester Kasus), oder ob eine Praeposition nicht gebunden ist.“
Danke fuer ihre Antwort“
Antwort
Meine (hier leicht überarbeitete) Antwort lautete:
[Uli Mattmüller November 15, 2011 um 10:36]
„Hallo Abdullah,
zuerst mal vielen Dank für das nette Lob. Es freut mich natürlich besonders, wenn mein Konzept – möglichst einfache Erklärungen, einfache Beispiele – bei meinen Lesern ankommt.
Zu Ihrer Frage: Da Sie ja auch schon sehr gut Deutsch sprechen und sich also wahrscheinlich schon länger mit der deutschen Sprache beschäftigen, werden Sie verstehen, dass die Frage nicht so leicht zu beantworten ist. Trotzdem will ich es versuchen…
Ich habe versucht in meiner Grammatik den Unterschied dadurch zu verdeutlichen, dass ich die Verben mit (festen, gebundenen) Präpositionen (bleiben wir der Einfachheit halber mal bei den Verben) unter der Überschrift “Verbergänzungen (I): Personen und Sachen” eingeordnet habe, denn die festen Präpositionen ergänzen eine Person (bzw. Sache) zum Verb, im Gegensatz zu den ungebundenen Präpositionen die einen Ort, Zeit, Grund oder Modus ergänzen.
Das kann man schön an den umgangssprachlichen Fragen zu den Verben mit Präposition sehen:
Beispiel: warten auf (feste Präposition)
Person: auf w e n? – Auf wen wartest du? – auf meinen Bruder.
Sache: auf w a s? – Auf was wartest du? – auf die Pause.
Beispiel: warten am (ungebundene Präposition)
Ort: wo? – Wo wartest du? – am Bahnhof
Beispiel: warten seit (ungebundene Präposition)
Zeit: wie lange? – Wie lange wartest du schon? – seit drei Stunden
Das ist meiner Meinung nach die Grundlage für die Unterscheidung zwischen gebundenen und ungebundenen Präpositionen, aber Deutsch wäre keine natürliche Sprache, wenn alles so einfach wäre. Z. B. hat man bei den Richtungsverben Personen, die sozusagen als Ortsergänzung fungieren:
Beispiel: gehen zu
Ort/Person: wohin?/zu wem? – Wohin gehst du?/Zu wem gehst du? – zu meiner Freundin
Hier könnte man meiner Meinung nach darüber diskutieren, ob es sich um eine gebundene oder eine freie Präposition handelt…
An der Formulierung “meiner Meinung nach”, die ich häufig benutze, können Sie sehen, dass man es in der Grammatik, wie in jeder Wissenschaft, immer mit Interpretationen bestimmter Erscheinungen zu tun hat. Diese gelten solange, bis man ein Beispiel gefunden hat, das diese Interpretation widerlegt. ;-)“
Welche Fragen meiner Leser ich sonst noch beantwortet habe, könnt ihr hier erfahren:
Leserfragen – Deutsche Grammatik 2.0