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Partizipialkonstruktionen

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Was ist eine Partizipialkonstruktion?

Partizipialkonstruktionen* sind (Teil)sätze ohne finites Verb, die aus einem Partizip I oder Partizip II und seinen Ergänzungen bestehen.

Beispiel: Partizipialkonstruktion mit Partizip II
Zu Hause angekommen, schaltete sie erst mal den Fernseher ein.

Beispiel: Partizipialkonstruktion mit Partizip I
Den Rücktritt des Präsidenten fordernd, zogen die Demonstranten durch die Straßen.

*Partizipialkonstruktionen werden auch als Partizipialsätze bzw. Partizipialgruppen bezeichnet.

Attributive vs. nicht-attributive Partizipialkonstruktionen

Man muss zwischen attributiven und nicht attributiven Partizipialkonstruktionen unterscheiden.

Attributive Partizipialkonstruktionen

Attributive Partizipialkonstruktionen beziehen sich auf ein Nomen oder Pronomen. Attributive Partizipialkonstruktionen entsprechen einem Relativsatz bzw. einem Partizipialattribut.

Beispiel: attributive Partizipialkonstruktion vs. Relativsatz vs. Partizipialattribut
Partizipialkonstruktion: Der Angeklagte, 1960 in Berlin geboren, hat schon sein halbes Leben hinter Gittern verbracht.
Relativsatz: Der Angeklagte, der 1960 in Berlin geboren ist, hat schon sein halbes Leben hinter Gittern verbracht.
Partizipialattribut: Der 1960 in Berlin geborene Angeklagte hat schon sein halbes Leben hinter Gittern verbracht.

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Beachte die Unterschiede: Partizipialkonstruktionen stehen wie Relativsätze (in den allermeisten Fällen) hinter dem Bezugswort (s.o. im Beispiel: Angeklagte), haben aber weder ein Relativpronomen (s.o.: der) noch ein finites Verb (s.o.: ist).

Partizipialattribute stehen wie Adjektive unmittelbar vor dem Bezugswort und das Partizip hat eine Adjektivendung (s.o.: geborene).

Nicht-attributive Partizipialkonstruktionen

Nicht attributive Partizipialkonstruktionen entsprechen (meist) einer adverbialen Nebensatzverbindung (= adverbiale Partizipialkonstruktionen) oder (selten) einer Hauptsatzverbindung mit und (=Nebenprädikate).

Adverbiale Partizipialkonstruktionen

Adverbiale Partizipialkonstruktionen entsprechen einem adverbialen Nebensatz mit temporaler, kausaler, konzessiver, konditionaler oder modaler Bedeutung.

Beispiel: Adverbiale Partizipialkonstruktion vs. temporaler Nebensatz
Partizipialkonstruktion: Zu Hause angekommen, schaltete sie erst mal den Fernseher ein.
temporaler Nebensatz: Als sie zu Hause angekommen war, schaltete sie erst mal den Fernseher ein.

Beispiel: Adverbiale Partizipialkonstruktion vs. kausaler Nebensatz
Partizipialkonstruktion: Von der Qualität seiner Deutschkenntnisse überzeugt, meldete er sich für die Deutschprüfung an.
kausaler Nebensatz: Weil er von der Qualität seiner Deutschkenntnisse überzeugt war, meldete er sich für die Deutschprüfung an..

Beispiel: Adverbiale Partizipialkonstruktion vs. konzessiver Nebensatz
Partizipialkonstruktion: Gerade einmal zwei Wochen verheiratet, wollte sie sich schon wieder scheiden lassen.
konzessiver Nebensatz: Obwohl sie gerade einmal zwei Wochen verheiratet war, wollte sie sich schon wieder scheiden lassen.

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Beispiel: Adverbiale Partizipialkonstruktion vs. konditionaler Nebensatz
Partizipialkonstruktion: Verglichen mit meinem Heimatland, ist der Lebensstandard in Deutschland sehr hoch.
konditionaler Nebensatz: Wenn man den Lebensstandard (in Deutschland) mit meinem Heimatland vergleicht, ist er (in Deutschland) sehr hoch.

Beispiel: Adverbiale Partizipialkonstruktion vs. modaler Nebensatz
Partizipialkonstruktion: Laut um Hilfe rufend, machte sie ein paar Passanten auf sich aufmerksam.
modaler Nebensatz: Indem sie laut um Hilfe rief, machte sie ein paar Passanten auf sich aufmerksam.

Adverbiale Partizipialkonstruktionen lassen häufig auch verschiedene Interpretationen zu.

Beispiel: Interpretation der adverbialen Partizipialkonstruktion
Partizipialkonstruktion: Gerade einmal zwei Wochen verheiratet, wollte sie sich schon wieder scheiden lassen.
konzessive Interpretation: Obwohl sie gerade einmal zwei Wochen verheiratet war, wollte sie sich schon wieder scheiden lassen.
temporale Interpretation: Als sie gerade einmal zwei Wochen verheiratet war, wollte sie sich schon wieder scheiden lassen.

Gelegentlich kommt die adverbiale Partizipialkonstruktion auch gemeinsam mit dem entsprechenden Konnektor vor.

Beispiel: Partizipialkonstruktion + konzessiver Konnektor
Obwohl gerade einmal zwei Wochen verheiratet, wollte sie sich schon wieder scheiden lassen.

Nebenprädikate

Nebenprädikate entsprechen einer Hauptsatzverbindung mit und.

Beispiel: Partizipialkonstruktion Nebenprädikat vs. Satzverbindung mit und
Partizipialkonstruktion: (Nebenprädikat) Ausgehend von den vorliegenden Daten, kam man zu dem Schluss, dass das Projekt zu teuer würde.
2 Hauptsätze: Man ging von den vorliegenden Daten aus und kam zu dem Schluss, dass das Projekt zu teuer würde.

Partizipialkonstruktion – Position

Adverbiale Partizipialkonstruktionen stehen häufig in Position 1 im Satz. Eine Position im Satz ist aber auch möglich.

Beispiel: Position adverbiale Partizipialkonstruktion
Position 1: Gerade einmal zwei Wochen verheiratet, wollte sie sich schon wieder scheiden lassen.
Position im Satz: Sie wollte sich, gerade einmal zwei Wochen verheiratet, schon wieder scheiden lassen.

Attributive Partizipialkonstruktionen stehen – wie alle Attribute – bei ihrem Bezugswort und können nicht in Position 1 gestellt werden. (Vgl. oben)

Partizipialkonstruktion – Komma

Partizipialkonstruktionen werden durch ein Komma bzw. zwei Kommas vom Rest des Satzes abgetrennt. (Vgl. oben)

Gebrauch von Partizipialkonstruktionen

Da sie kein finites Verb enthalten, sind Partizipialkonstruktionen (etwas) kürzer als ein Nebensatz. Sie klingen formeller als ein Nebensatz und werden besonders in schriftlichen Texten verwendet. Auch in der Literatur werden sie als Stilmittel benützt.

In der Umgangssprache werden Partizipialkonstruktionen normalerweise nicht verwendet. Eine Ausnahme sind hier aber die festen Verbindungen.

Siehe außerdem: Spezielle Partizipialkonstruktionen

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