All- bzw. alle – Gebrauch als Artikelwort, Pronomen, Indefinitpronomen

Ja, es gibt sie, die kleinen Wörter, die große Unsicherheit auslösen. ;)

So ist es auch mit der Deklination des Wörtchens alle bzw. all- (wie es im Duden steht.)

Die Unsicherheit hängt sehr wahrscheinlich damit zusammen, dass das unbestimmte Zahlwort all– bzw. alle als Artikelwort oder als Pronomen verwendet werden kann. Außerdem kann man alles als Indefinitpronomen gebrauchen.

Manchmal ist es gar nicht so leicht das alles auseinanderzuhalten. Deshalb habe ich es hier mal für euch versucht.

Alle als Artikelwort

Wenn alle als Artikelwort verwendet wird, wird es wie alle anderen Artikelwörter dekliniert.

Deklination im Plural

Die Deklination von alle als Artikelwort entspricht z. B. der Deklination des bestimmten Artikels im Plural.

Beispiele: Deklination alle = Deklination bestimmter Artikel Plural
Nominativ:
Alle Kleider passen mir nicht mehr.
Die Kleider passen mir nicht mehr.
Akkusativ:
Ich kaufe alle Kleider im Internet.
Ich kaufe die Kleider im Internet.
Dativ:
Von allen Kleidern gefällt mir das gelbe Sommerkleid am besten.
Von den Kleidern gefällt mir das gelbe Sommerkleid am besten.
Genitiv:
90 Prozent aller Kleider habe ich bei einem Online-Shop gekauft.
90 Prozent der Kleider habe ich bei einem Online-Shop gekauft.

Siehe hierzu ausführlich: Alle als Artikelwort – Deklination im Plural

Das gilt auch, wenn alle mit anderen Artikelwörtern wie z. B. dem Possessivpronomen kombiniert wird.

Beispiele: Deklination alle + Possessivpronomen
Nominativ: Alle meine Kleider passen mir nicht mehr.
Akkusativ: Ich kaufe alle meine Kleider im Internet.
Dativ: Von allen meinen Kleidern gefällt mir das gelbe Sommerkleid am besten.
Genitiv: 90 Prozent aller meiner Kleider habe ich bei einem Online-Shop gekauft.

Siehe hierzu ausführlich: Die Deklination von alle im Plural + Possessivpronomen + Adjektiv

Deklination im Singular

Alle drückt ja eigentlich einen Plural aus, aber bei nicht zählbaren Nomen, kann alle auch im Singular dekliniert werden. Dann unterscheidet sich die Deklination von alle wie bei allen Artikelwörtern natürlich nach dem Genus des Nomens.

Beispiele: alle – Deklination im Singular bei nicht zählbaren Nomen – Nominativ
maskulines Nomen: Aller Wein ist aus.
feminines Nomen: Alle Liebe vergeht. (Sprichwort)
neutrales Nomen: „Alles Geld ist Glaubenssache.“ (Adam Smith)

Siehe hierzu ausführlich: Alle als Artikelwort – Deklination im Singular

Achtung: Auch nicht zählbare Nomen haben einen Plural, aber mit anderer Bedeutung (vgl. alles Geld vs. alle Gelder). Siehe dazu im Kapitel:

Nicht zählbare Nomen – Deutsche Grammatik 2.0

Pronominaler Gebrauch des Artikelworts alle

Wie alle Artikelwörter kann man alle auch als Stellvertreter des Nomens (pronominal) verwenden.

Beispiel: alle (Plural) pronominal
Nominativ: Hast du die Kleider im Internet bestellt? – „Ja,  und gestern sind alle schon da gewesen.

Beispiel: alle (Singular maskulin) pronominal
Nominativ: Gibt es noch Wein? – Nein, aller ist weg.

Siehe hierzu ausführlich: Pronominaler Gebrauch des Artikelworts alle

Alles als Indefinitpronomen

Und zu guter Letzt kann man all- bzw. alles auch noch als Indefinitpronomen verwenden.

Die Deklination des Indefinitpronomens alle lautet:

Nominativ: alles
Akkusativ: alles
Dativ: allem
Genitiv: —

Beispiele: alle = Indefinitpronomen
Nominativ: Alles ist gut. / Alles wird gut
Akkusativ: Ich habe alles bezahlt. Sie hat an alles gedacht
Dativ: Er hat mit allem gerechnet. / Einen Döner mit allem, bitte. ;)

Und zu allem Überfluss wird das Indefinitpronomen umgangssprachlich gelegentlich mit dem bestimmten Artikel kombiniert. Allerdings ändert das nichts an der Deklination von alle.

Beispiele: alle = Indefinitpronomen

Ich habe das alles bezahlt.
Ich habe das alles nicht gewollt.
Sie hat mit dem allem nicht gerechnet.
Warum hat es das alles nur gemacht.

all ohne Endung

All ohne Endung kann mit folgenden Artikelwörtern kombiniert werden.

Kombination mit dem bestimmten Artikel (+ Adjektiv)
->all die (schönen Häuser), all das (gute) Geld

Kombination mit dem Possessivartikel
->all ihre (geheimen) Wünsche, all sein (schwer verdientes) Geld

Kombination mit dem Demonstrativartikel diese-
-> all diese (vielen) Leute, all diese sinnlosen Diskussionen, all dieser (unerträgliche) Lärm

Kombination mit dem Demonstrativpronomen jene-
-> all jene (guten) Menschen,

Ebenso: all diejenigen

Alle als Adverb

Und zu guter Letzt muss man aufpassen, dass man das unbestimmte Zahlwort nicht mit dem Adverb alle verwechselt, das in der deutschen Umgangssprache in der Bedeutung „aus“, „nicht mehr vorhanden“ verwendet wird.

Beispiel: alle = Adverb;)
Im Supermarkt ist das Toilettenpapier alle. ;)

Ihr erinnert euch doch sicher, dass man Adverbien nicht deklinieren kann. ..

Deutsche Grammatik 2.0 zum Thema alle:
Übersicht zur Deklination von all- bzw. alle
Alle als Artikelwort – Deklination im Singular
Alle als Artikelwort – Deklination im Plural
Alle als Artikelwort – Deklination im Plural + Possessivpronomen + Adjektiv
Pronominaler Gebrauch des Artikelworts alle
Leserfrage: alle oder alles?

Zurück zum Kapitel: Artikelwörter und Pronomen

Wenig oder wenige – Deklination vor Substantiven

Eine häufig gestellte Frage ist, ob das Indefinitpronomen wenig vor Substantiven dekliniert wird oder nicht.

Also, schauen wir mal nach, was z.B. der Duden dazu sagt: „Das Indefinitpronomen wenig bleibt vor Substantiven ohne beigefügtes Adjektiv im Singular meist, im Plural recht häufig ungebeugt (im Genitiv Plural muss immer die gebeugte Form stehen)“ [Duden – Richtiges und gutes Deutsch, 3. Aufl. Mannheim 1985]

Es geht doch nichts über klare Regeln ;) – Schauen wir lieber noch mal Schritt für Schritt an, was der Duden sagt. ..

Wenig vor Substantiven ohne Adjektiv

1. wenig vor Substantiven ohne Adjektiv im Singular => „meist“ ohne Adjektivendung

Beispiele: wenig vor Substantiven ohne Adjektiv im Singular
Ich habe wenig Geld.
Mein Mann hat wenig Zeit.
Sie hat wenig Lust alles alleine zu machen.
Er hatte mit seiner Firma wenig Erfolg.

Beispiele mit Adjektivendung habe ich ehrlich gesagt nicht gefunden.

2. wenig vor Substantiven ohne Adjektiv im Plural => „recht häufig“ ohne Adjektivendung

Beispiele: ohne Adjektivendung
Schnäppchenjäger haben auf dem Immobilienmarkt derzeit wenig Aussichten auf Erfolg.
Wassermelonen haben wenig Kalorien.
Schulabbrecher haben wenig Chancen auf einen Ausbildungsplatz.
Das Auto machte wenig Probleme.
Auf dem Dorf gibt es wenig Möglichkeiten zum Ausgehen.

Beispiele: mit Adjektivendung
Er ist wenige Tage nach seinem 90. Geburtstag gestorben.
Bis auf wenige Ausnahmen haben alle Studenten die Prüfung bestanden.
Er muss noch wenige Jahre arbeiten.

3. wenig vor Substantiven ohne Adjektiv im Genitiv Plural => „immer“ mit Adjektivendung

Der Genitiv Plural kommt zum Beispiel häufig bei Präpositionen mit Genitiv vor

Beispiele: innerhalb -> Präposition + Genitiv
Brandstifter legt innerhalb weniger Minuten gleich drei Brände.
Innerhalb weniger Minuten wurden die Straßen überflutet.

Beispiele: binnen -> Präposition + Genitiv
Der Meister schoss binnen weniger Minuten drei Tore.
(binnen = „innerhalb“)

Beispiel: Beispiele: wegen -> Präposition + Genitiv
Der Inzidenzwert dürfte wegen weniger Tests und Meldungen über Ostern zu niedrig ausfallen.

Wenig vor Substantiven mit Adjektiv

Dazu habe ich im Duden leider nichts gefunden.

Hier muss man aber unterscheiden, ob es sich bei wenig– um ein Adjektiv zum Substantiv handelt oder um ein Adverb zum Adjektiv.

1. wenig als Adjektiv => mit (Adjektiv)endung

Beispiele:
In diesem Stadtteil wohnen nur wenige reiche Menschen.
Wenige reiche Menschen besitzen so viel Vermögen wie die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung.

2. wenig als Adverb => ohne Endung

Beispiel:
Wenig gebildete Menschen müssen mehr arbeiten und verdienen weniger.

Wenn nicht klar ist, ob es sich bei wenig um ein Adjektiv oder ein Adverb handelt, hilft übrigens die Umformung in einen Relativsatz, um zu erkennen, was man sagen möchte.

Beispiel: Adjektiv -> Relativsatz
In diesem Stadtteil wohnen nur wenige reiche Menschen.
-> In diesem Stadtteil wohnen nur wenige Menschen, die reich sind.

Beispiel: Adverb -> Relativsatz
Wenig gebildete Menschen müssen mehr arbeiten und verdienen weniger.
-> Menschen, die wenig gebildet sind, müssen mehr arbeiten und verdienen weniger.

Zur Deklination von viel bzw. viele siehe: Viel oder viele – Deklination vor Substantiven

(Gibt es) Nebensätze ohne Hauptsatz?

Ein Nebensatz braucht immer einen Hauptsatz (?)

Im muttersprachlichen Schulunterricht in Deutschland – und vielleicht nicht nur dort ;) – wird zur Unterscheidung von Haupt- und Nebensätzen häufig die Regel formuliert:

„Ein Hauptsatz kann alleine stehen. Ein Nebensatz kann nicht alleine stehen.“

D.h. anders formuliert: Ein Nebensatz braucht immer einen Hauptsatz. ..

Doch so manchen Muttersprachlern – und vielleicht nicht nur denen – kommen da Zweifel und sie fragen sich, ob ein Nebensatz wirklich nicht alleine stehen kann. Schließlich gibt es ja bei fast jeder Regel auch Ausnahmen.

Ausnahme: Nebensätze, die alleine stehen können

Und die Ausnahme gibt es tatsächlich auch bei Nebensätzen. Ein Nebensatz kann nämlich in folgenden Fällen doch alleine stehen:

Als Antwort auf eine Frage

Das einfachste Beispiel sind Nebensätze, die auf eine Frage antworten.

Beispiel 1: allein stehender Nebensatz als Antwort auf eine Frage
Frage: Warum kommst du nicht?
Antwort: Weil ich krank bin.

Beispiel 2: allein stehender Nebensatz als Antwort auf eine Frage
Frage: Wann kaufst du ein Auto?
Antwort: Wenn ich genug Geld habe.

Lehrer antworten auf diese Beispiele gerne mit dem Hinweis, dass hier der Hauptsatz quasi „mitgedacht“ werden muss, also doch irgendwie da ist und der Nebensatz eben doch nicht alleine stehen kann.

Beispiel: „mitgedachter“ Hauptsatz
Warum kommst du nicht? – (Ich komme nicht,) weil ich krank bin.
Wann kaufst du ein Auto? – (Ich kaufe ein Auto,) wenn ich genug Geld habe.

Ob euch diese Antwort zufriedenstellt, überlasse ich euch, denn ich habe noch ein – auch linguistisch einwandfreie(re)s ;) – Beispiel für allein stehende Nebensätze.

Konditionalsätze

Konditionalsätzen (wenn-Sätzen) kann man nämlich definitiv ganz ohne Hauptsatz benützen, um eine Aufforderung oder einen Wunsch auszudrücken.

Beispiel: Konditionalsatz als Aufforderung
Wenn Sie bitte Platz machen würden.
=Würden Sie bitte Platz machen? (Fragesatz mit Konjunktiv II)
=Machen Sie bitte Platz! (Imperativsatz)

Beispiel: Konditionalsatz als Wunschsatz
Wenn er doch endlich kommen würde.
=Ich wünsche mir/möchte, dass er endlich kommt.

Uneingeleitete Nebensätz mit als ob

Um eine Aussage zu betonen, kann man die Aussage negieren und mit als ob plus Konjunktiv einen allein stehenden Nebensatz bilden, der wie ein Ausruf betont wird.

Beispiel:
Ich bin nicht blöd. -> Als ob ich blöd wäre.

Die Negation ist nur rhetorisch. Man betont dadurch die Unmöglichkeit der Negation der Aussage bzw. die Empörung über die Aussage.

Siehe dazu ausführlicher: Empörter Ausruf mit als ob

Zu als ob siehe außerdem:
Vergleichssätze (II): als ob, als wenn, wie wenn, als
Satzverbindung – als ob