Eigentlich sollte dieser Beitrag mal „5 Verbformen, die ihr in (fast) keiner Grammatik findet“ heißen. Die 5 habe ich aber in der Zwischenzeit gestrichen, weil es immer mehr werden. .. ;)
Viele Deutschlerner und auch viele Muttersprachler stellen sich eine Grammatik als ein abgeschlossenes Regelwerk ähnlich einer mathematischen Formelsammlung vor.
In der Realität ist eine Grammatik aber (nur!) ein Versuch die grammatischen Regelmäßigkeiten, die der Verfasser bzw. die Verfasserin der Grammatik entdeckt hat, zu beschreiben. Und dabei kann man natürlich leicht etwas übersehen oder vergessen.
Oder die fehlenden Formen werden von den Verfassern der Grammatik entweder als umgangssprachlich bzw. regionalsprachlich, als unwichtig oder als Problem, das nicht in eine Grammatik gehört, betrachtet.
Trotzdem kommen diese Formen besonders, aber nicht nur, im mündlichen Sprachgebrauch durchaus häufig vor. Und häufig bekomme ich dann eine Leserfrage zu dieser Grammatikform. ;)
Ihr fragt euch, wovon ich rede? Deshalb habe ich in diesem Beitrag mal eine unvollständige Sammlung von (Grammatik)formen zusammengestellt, die eher selten in Grammatiken erwähnt werden.
1. sein + Infinitiv (Absentiv)
Die Form sein + Infinitiv wird auch als Absentiv bezeichnet.
Beispiele: sein + Infinitiv (Absentiv)
Er ist Skifahren.
Sie ist arbeiten.
Wir sind einkaufen.
Was der Absentiv bedeutet, könnt ihr hier erfahren: Grammatikglossar – Absentiv
Den Absentiv sollte man nicht mit der folgenden Form verwechseln:
2. am + nominalisierter Infinitiv
Beispiele: am + nominalisierter Infinitiv
Ich bin am Arbeiten.
Wir sind am Packen.
Was es mit dieser Form auf sich hat, habe ich hier beschrieben: Sein + Partizip I? – Die englische Verlaufsform im Deutschen
3. vollendetes Perfekt/Plusquamperfekt
Das vollendete Perfekt kommt besonders in Süddeutschland recht häufig vor. Es gilt als rein umgangssprachlich und beschreibt eine in der Vergangenheit vollendete Aktion, deren Ergebnis sich bis zur Gegenwart schon wieder geändert hat.
Beispiel: vollendetes Perfekt
Mein Vater hat das Auto repariert gehabt. (=Jetzt ist es (schon) wieder kaputt.)
Und natürlich gibt es in Gegenden, wo das Plusquamperfekt gebraucht wird, auch das vollendete Plusquamperfekt
Beispiel: vollendetes Perfekt
Mein Vater hatte das Auto repariert gehabt.
4. tun als Hilfsverb
Das englische Hilfsverb (to) do kommt durchaus auch im Deutschen vor, gilt hier aber als umgangssprachlich bzw. schlechter Stil oder als Kindersprache.
Beispiel: Hilfsverb tun – Kindersprache
Tust du mit mir spielen?
In der Umgangssprache kommt häufiger der Konjunktiv II von tun vor.
Beispiel: Hilfsverb tun – Umgangssprache
Ich tät(e) das an deiner Stelle nicht machen.
5. haben + Infinitiv
Beispiel: haben + Infinitiv
Sie hat 50 Paar Schuhe im Schrank stehen.
Siehe hierzu ausführlicher: haben + Infinitiv
Diese Form sollte man natürlich nicht mit haben zu + Infinitiv verwechseln. Siehe dazu: haben zu + Infinitiv – haben als Modalitätsverb
Fortsetzung: Verbformen, die ihr in (fast) keiner Grammatik findet (II)