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Einige Anmerkungen zum Futur 2 Indikativ Aktiv mit Modalverb

In verschiedenen mehr oder weniger freundlichen ;-) Kommentaren auch von Muttersprachlern hier auf meinen Seiten, auf anderen Seiten im Netz und auch an anderen Stellen findet sich die folgende Form für das Futur 2 mit Modalverb:

[**Futur 2: Der Arzt wird das Kind operiert haben müssen.**]

Wie ihr meinen Ausführungen im zweiten Teil dieser Serie entnehmen konntet, ist diese Form nicht korrekt, weshalb ich sie mit zwei Sternen markiert und eingeklammert habe.

Diese Form ist offensichtlich nach einer Regel gebildet, die man umgangssprachlich ungefähr so formulieren könnte: „Nehme das Futur 2 ohne Modalverb („Der Arzt wird das Kind operiert haben“) und hänge das Modalverb („müssen“) im Infinitiv hinten dran.“

Das heißt aber, dass man das Verb „operieren“ konjugiert und das Modalverb „müssen“ angehängt hat, während man korrekterweise das Modalverb „müssen“ konjugiert und (deshalb) das Vollverb „operieren“ in den Infinitiv setzt. (vgl. in Teil 2 – Regel 1)

Also kann man an der Partizip-2-Form („operiert“) eigentlich sofort erkennen, dass diese Form nicht stimmen kann, denn wenn man das Modalverb konjugiert, steht das Vollverb immer im Infinitiv.

Wenn Muttersprachler nach eigener Aussage diese Form so benützen, dann ist das meiner Meinung nach keine alternative Form des Futurs 2 mit Modalverb, sondern einfach falsch.

Was will uns das sagen?

Kompliziert? Absolut! Ich hatte euch ja gewarnt. ;-) Aber Spaß beiseite, wie ihr gesehen habt, macht die Bildung des Futurs 2 mit Modalverb solche Schwierigkeiten bzw. ist so kompliziert, dass man diese Form besser vermeiden sollte, zumal aber nicht nur als Deutschlerner.

Wie das ganz einfach geht, werde ich euch gleich erklären, aber zuerst wollen wir noch mal kurz wiederholen, was das Futur 2 überhaupt bedeutet.

Die Bedeutung des Futurs 2

Im Kapitel „Der Gebrauch des Futurs II“ habe ich euch erklärt, dass das Futur 2 grundsätzlich entweder eine (erst) in der Zukunft abgeschlossene Aktion (=temporale Bedeutung) oder eine Vermutung (=modale Bedeutung) beschreibt – und zwar über die Vergangenheit (!).

Ich bin kein Linguist, sondern DaF-Lehrer, aber ich würde behaupten, dass das Futur 2 m i t Modalverb in den allermeisten Fällen modale Bedeutung hat, also eine Vermutung ausdrückt – so wie es das auch in dem Beispiel tut, das ich für meinen Artikel hier immer benütze.

Beispiel: modale Bedeutung des Futurs 2 (Vermutung)
Der Arzt wird das Kind haben operieren müssen.

Ersatz des Futurs 2

Wenn das Futur 2 mit Modalverb aber eine Vermutung über die Vergangenheit (!) beschreibt, kann man die Vergangenheit einfach(er) durch das Perfekt/Präteritum und die Vermutung durch ein Verb oder ein modales Adverb ausdrücken:

Beispiel: modale Bedeutung des Futurs 2 (Vermutung)
Der Arzt wird das Kind haben operieren müssen. (Futur 2)
=Ich vermute, dass der Arzt das Kind hat operieren müssen. (Verb + Perfekt)
=Ich vermute, dass der Arzt das Kind operieren musste. (Verb + Präteritum)
=Der Arzt hat das Kind wohl operieren müssen. (Perfekt + Adverb)
=Wahrscheinlich hat der Arzt das Kind operieren müssen. (Perfekt + Adverb)

Und das klingt doch deutlich einfacher und verständlicher – oder etwa nicht?

Weiter …

Im vierten Teil der Serie erkläre ich euch, wie man das Futur 2 mit Modalverb im Passiv theoretisch bildet, um euch im fünften Teil dann dringend von der Benutzung abzuraten. ;-)

Teil 4: Das Futur 2 Indikativ Passiv mit Modalverb

Die ganze Serie:

Teil 1: Wie heißt denn nun das Futur 2 mit Modalverb?
Teil 2: Das Futur 2 Indikativ Aktiv mit Modalverb
Teil 3: Einige Anmerkungen zum Futur 2 Indikativ Aktiv mit Modalverb
Teil 4: Das Futur 2 Indikativ Passiv mit Modalverb
Teil 5: Einige Anmerkungen zum Futur 2 Indikativ Passiv mit Modalverb

Leserfrage zum Verb helfen

Heute hat mich die folgende Leserfrage erreicht:

Kommentar eingereicht am 07.01.2015 um 21:53

Hallo,

Folgende Beispiele und dann die Fragen:
Ich helfe meiner Mutter sauber machen.
Ich helfe meiner Mutter die Wohnung sauber zu machen.

Die Lehrerin meiner Tochter hat erklaert, dass wenn zwei Objekte im Satz sind, bildet das Verb helfen Infinitiv mit zu. Stimmt das wirklich?

Und das ist meine Antwort: :)

Die Beispiele sind auf jeden Fall richtig. Die Frage in der Grammatik ist immer, wie man das interpretiert.

Das Ungewöhnliche ist, dass bei “helfen” das zweite Verb (gelegentlich s.u.) ohne “zu” steht , denn eigentlich liegt hier doch ein Infinitivsatz vor. Vergleiche die Beispiele.

Beispiele:
bitten: Ich bitte meine Tochter aufzuräumen. (mit “zu” = “normal”)
empfehlen: Ich empfehle meiner Tochter (mal) aufzuräumen. ;-) (mit “zu” = “normal”)
helfen: Ich helfe meiner Mutter aufräumen. (ohne “zu” = “unnormal”)

Dass hier eigentlich ein Infinitivsatz vorliegt, sieht man, wenn man das zweite Verb (helfen) um weitere Ergänzungen erweitert, denn dann bekommt auch helfen eine Infinitivergänzung mit zu:

Ich helfe meiner Mutter, die Küche aufzuräumen.
Ich helfe meiner Mutter, gründlich aufzuräumen.
Ich helfe meiner Mutter, endlich mal gründlich aufzuräumen.
Ich helfe meiner Mutter, endlich mal ihre Küche gründlich aufzuräumen.

Es ist also so, dass hier ein zweiter Satz als Ergänzung vorliegt, der im Fall von “helfen” aber nicht wie normal mit “zu” markiert wird, wenn im zweiten Satz nur das Verb ohne weitere Ergänzungen steht.

Der zweite Satz kann alle möglichen Ergänzungen enthalten, die zu dem zweiten Verb passen. (Siehe meine Beispiele oben) Das Vorkommen des Infinitivs mit zu liegt also nicht (nur) an einem zweiten Objekt im Satz.

P.s.: Ich habe mal lieber das Verb „aufräumen“ als Beispiel genommen, denn dann sparen wir uns die ebenfalls nicht ganz uninteressante (und natürlich umstrittene) Frage, ob „sauber machen“ ein Verb + Adverb (sauber machen) oder ein trennbares Verb (saubermachen) ist. ;-)

Welche Fragen meiner Leser ich sonst noch beantwortet habe, könnt ihr hier erfahren:

Leserfragen – Deutsche Grammatik 2.0

Leserfrage: brauchen zu + Infinitiv

Nicht brauchen zu + Infinitiv

Im Deutschen wird die negative Form nicht brauchen zu + Infinitiv als Variante des Modalverbs müssen benützt.

Beispiel 1: nicht brauchen zu + Infinitiv
Sie braucht heute nicht zu arbeiten.
(=Sie muss heute nicht arbeiten.)

Beispiel 2: nicht brauchen zu + Infinitiv
Du brauchst morgen nicht zu kommen.
(=Du musst morgen nicht kommen.)

Beachte: Das Modalverb müssen wird natürlich ohne zu gebraucht.

Brauchen zu + Infinitiv => falsch!

Viele Deutschlerner schließen daraus, dass man diesen Satz auch ohne Negation bilden kann. Das ist aber leider nicht richtig. Der gleiche Satz mit brauchen zu ohne die Negation nicht ist ungrammatisch und (meist) ein Übersetzungsfehler.

Beispiel: brauchen zu + Infinitiv
**Sie braucht heute zu arbeiten.** => falsch! nicht möglich!

Brauchen + Infinitiv (ohne zu)  => falsch!

Ebenso falsch ist das Weglassen von zu  sowohl mit als auch ohne Negation falsch.

Beispiel: brauchen ohne zu
(1) **Sie braucht heute arbeiten.** => falsch! nicht möglich!
(2) **Sie braucht heute nicht arbeiten.** => falsch! nicht möglich!

Den Satz ohne zu, aber mit Negation (Satz 2) kann man in der Umgangssprache allerdings recht häufig hören. Standardsprachlich ist das aber wie gesagt falsch.

Deshalb gibt es den schlauen (Merk)spruch „Wer brauchen ohne zu gebraucht, braucht brauchen gar nicht zu gebrauchen“, den man zumindest zu meiner Zeit ;) noch in der Schule gelernt hat.

Nur brauchen zu + Infinitiv

Die einzige Möglichkeit brauchen zu ohne Negation zu benützen, ist in Verbindung mit der Einschränkung „nur„.

Beispiel: nur brauchen zu + Infinitiv
Wenn du ein Problem hast, brauchst du mich nur anzurufen.
Er braucht sich nur zu entschuldigen, dann ist alles in Ordnung.
Du brauchst nur die Artikel und die unregelmäßigen Verben zu lernen, dann kannst du dein Deutsch deutlich verbessern. ;)

Wie bei der Negation gilt: Ohne die Einschränkung nur, ist der Satz ungrammatisch.

Mehr über das Verb brauchen: Das Verb brauchen

Welche Fragen meiner Leser ich schon beantwortet habe, könnt ihr hier erfahren:

Leserfragen – Deutsche Grammatik 2.0